Neuer Raum für die Natur

Das Ende der aktiven Steinkohlenförderung öffnet auch der Natur wieder neue Räume. Auf Bergehalden und an Absinkweihern entstehen Lebensräume für seltene Tier‐ und Pflanzenarten.

Heute kann die Natur vielerorts ehemalige Bergbauflächen zurückerobern. Die sichtbarsten Orte sind die Bergehalden – künstliche Tafel‐ und Spitzberge, vielerorts inmitten des ehemaligen Kohlenreviers. Früher wurden diese Flächen zumeist aktiv begrünt und aufgeforstet. Diese bewaldeten Halden fügen sich mittlerweile gut in die sie umgebende Landschaft ein.

Video: Ulrich Heintz, der Geschäfts­führer des Zweckverbandes Landschaft der Industriekultur Nord (LIK Nord), arbeitet daran, rund 2.500 Hektar Bergbaufolgelandschaft in eine attraktive Naturlandschaft umzuwandeln.

Bergehalden als Rückzugsorte seltener Tierarten

Die letzten noch nicht begrünten Halden werden heute bewusst der Natur überlassen. Das ermöglicht eine Besiedlung der Flächen durch Flora und Fauna ohne aktive Unterstützung durch den Menschen. Dadurch siedeln sich auch hochspezialisierte Tier‐ und Pflanzenarten an, die woanders kaum noch einen Lebensraum finden. Die besonnten Hänge der Halden, ihre Plateaus mit Kleingewässern sind wertvolle Biotope, zum Beispiel für die seltene Wechselkröte. Auch die ehemaligen Absinkweiher werden renaturiert und anschließend Pflanzen und Tieren als Lebensraum überlassen.

Die Wasserralle (Rallus aquaticus) steht auf der Roten Liste gefährdeter Vogelarten des Saarlandes. Dichte Schilflandschaften sind für den scheuen Vogel lebenswichtig. Diese findet die Wasserralle zum Beispiel an den Absinkweihern der ehemaligen Grube St. Charles in Großrosseln

Die Wasserralle (Rallus aquaticus) steht auf der Roten Liste gefährdeter Vogelarten des Saarlandes. Dichte Schilflandschaften sind für den scheuen Vogel lebenswichtig. Diese findet die Wasserralle zum Beispiel an den Absinkweihern der ehemaligen Grube St. Charles in Großrosseln.

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) ist in Mauern und Felsspalten zu Hause, liebt aber auch trockenwarme Berghänge wie die der Halde Luisenthal

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) ist in Mauern und Felsspalten zu Hause, liebt aber auch trockenwarme Berghänge wie die der Halde Luisenthal.

Die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) ist perfekt dem Leben auf dem Boden angepasst. Die Bergehalde an der Grühlingstraße mit ihren kahlen, sonnigen Hängen ist ein idealer Lebensraum für diese seltene Art

Die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) ist perfekt dem Leben auf dem Boden angepasst. Die Bergehalde an der Grühlingstraße mit ihren kahlen, sonnigen Hängen ist ein idealer Lebensraum für diese seltene Art.

Auf der Bergehalde Lydia ist die Wechselkröte (Bufo viridis) anzutreffen. Die einzigartige Landschaft der Bergehalde Lydia ist ein wichtiger Lebensraum für diese Tiere

Auf der Bergehalde Lydia ist die Wechselkröte (Bufo viridis) anzutreffen. Die einzigartige Landschaft der Bergehalde Lydia ist ein wichtiger Lebensraum für diese Tiere.

Der Neuntöter (Lanius collurio) verdankt seinen Namen seinem Verhalten: Seine Beute, Insekten, kleine Säugetiere oder Vögel, spießt er auf Dornen auf. Auf der Bergehalde Duhamel in Ensdorf findet er einen wichtigen Rückzugsraum

Der Neuntöter (Lanius collurio) verdankt seinen Namen seinem Verhalten: Seine Beute, Insekten, kleine Säugetiere oder Vögel, spießt er auf Dornen auf. Auf der Bergehalde Duhamel in Ensdorf findet er einen wichtigen Rückzugsraum.

Zwischen Großrosseln und Dorf im Warndt ist an den Absinkweihern der ehemaligen Grube St. Charles eine der wenigen ausgedehnten Schilflandschaften im Saarland entstanden

Zwischen Großrosseln und Dorf im Warndt ist an den Absinkweihern der ehemaligen Grube St. Charles eine der wenigen ausgedehnten Schilflandschaften im Saarland entstanden.

Der Huflattich bevorzugt trockene, durchlässige Böden und ist auf der Bergehalde Reden in Schiffweiler weit verbreitet

Der Huflattich bevorzugt trockene, durchlässige Böden und ist auf der Bergehalde Reden in Schiffweiler weit verbreitet.

Von der Bergehalde zum Naturschutzgebiet

Welche Bedeutung Halden und ehemalige Schlammweiher für den Natur‐ und Artenschutz haben, zeigt die 2004 erfolgte Ausweisung der Bergehalde Viktoria in Püttlingen zum Naturschutzgebiet. In der offiziellen Begründung heißt es: Die Bergehalde „erfüllt im Zusammenwirken mit dem ehemaligen Schlammweiher und den weiteren einbezogenen Flächen wichtige Funktionen als Lebensraum seltener und gefährdeter Tier‐ und Pflanzenarten, wie z.B. die Rohrweihe, die Wasserralle, der Teichrohrsänger, die Wechselkröte, die Gelbbauchunke, der Kammmolch, die Ringelnatter, die Zauneidechse, die Zwergfledermaus, die Breitflügelfledermaus, die Blauflügelige Ödlandschrecke.“

Der Absinkweiher der Halde Viktoria in Püttlingen ist Teil des Naturschutzgebiets „Bergehalde Viktoria“

Der Absinkweiher der Halde Viktoria in Püttlingen ist Teil des Naturschutzgebiets „Bergehalde Viktoria“.

Ehemals begradigte Bäche werden zu Auenlandschaften

Neben den ehemaligen Bergbauflächen werden auch viele Fließgewässer des Saarlandes der Natur zurückgegeben. Mit der Industrialisierung begradigt und gezähmt, erhalten sie heute vielerorts einen naturnahen Verlauf zurück. Die Renaturierung des Köllerbachs ist das größte Projekt dieser Art im Saarland. Hier entsteht eine natürliche Auenlandschaft. Die Folge: Die Fischbestände nehmen zu, zahlreiche Arten von Wasserpflanzen und Insekten können sich ansiedeln. 2015 wurde am Köllerbach erstmals seit 170 Jahren auch eine Biberburg entdeckt.

Umweltschützer Hans Joachim Schmidt (NABU, Saarland) findet Biberspuren am renaturierten Köllerbach

Umweltschützer Hans Joachim Schmidt (NABU, Saarland) findet Biberspuren am renaturierten Köllerbach.

Während der Renaturierung des Köllerbachs kam der erste Biber schon einmal zur „Inspektion“ vorbei

Während der Renaturierung des Köllerbachs kam der erste Biber schon einmal zur „Inspektion“ vorbei.

So sah der Köllerbach jahrzehntelang aus: begradigt und ökologisch verarmt

So sah der Köllerbach jahrzehntelang aus: begradigt und ökologisch verarmt.

Mitarbeiter der heutigen Landschaftsagentur Plus (RAG Montan Immobilien) haben den Köllerbach renaturiert

Mitarbeiter der heutigen Landschaftsagentur Plus (RAG Montan Immobilien) haben den Köllerbach renaturiert.

Grube und Wald

Bergbau und Forstwirtschaft sind seit jeher eng miteinander verbunden. Das Holz der Bäume wurde früher für den Bergbau als Ausbauholz genutzt. Rund um den Bergbau entstand eine Forstwirtschaft, die viele Waldlandschaften des Saarlandes bis heute prägt und erhält. Auch deshalb zieht sich heute ein grünes Band aus Waldflächen vom Warndt über Saarbrücken bis zum Jägersburger Wald bei Homburg – entlang der ehemaligen Grubenstandorte des Kohlenreviers an der Saar.